04.09.2014 Bozen – Dimaro

76 km, 1’600 Höhenmeter

Heute lasse ich mich wieder einmal wecken, ich will mal früher auf der Strasse sein als die vorderen Tage. Vor allem will ich am Morgen noch die Altstadt von Bozen anschauen, wenn noch nicht so viele Touristen dort sind. Gestern Abend sind noch einige „Zelter“ angekommen und da der Campingplatz aus allen Nähten platzt, sind auch wir Radler und Wanderer mit unseren kleinen Zelten ganz dicht beieinander. So wecke ich wahrscheinlich meine Nachbarn – wobei ich wirklich sehr leise mache.

Gerade als eben diese Nachbarn aus ihrem Zelt kriechen sind meine Sachen gepackt und auf dem Velo verladen. Ich sage auf Wiedersehen und fahre die 5 km in die Altstadt. Nicht eine schöne Strecke im Morgenverkehr. Aber die Autofahrer sind sich wohl Velofahrer gewöhnt und sie lassen mich auf alle Fälle ohne Probleme an mein Ziel kommen. Das Städtchen ist wirklich schön, ein ganz schöner kleiner Markt mit frischen Gemüse, Pilze, Teigwaren etc. und natürlich mit dem feinen Südtiroler Speck. Doch diesen lasse ich dort wo er ist, das Gewicht erspare ich mir. Heute habe ich wieder einen Pass zu erklimmen und so fahre ich nach einem Brioche di chocolata und der kurzen Besichtigung wieder hinaus aus der Stadt.

Schon bald geht es rauf, kein Wunder, denn Bozen ist ja umgeben von steilen Bergen. Die ersten paar Kilometer sind haarsträubend. So viel Verkehr macht gar keinen Spass, es stinkt, ist lärmig und vor allem fühle ich mich nicht sehr wohl. Hoffentlich geht das nicht bis auf den Pass so weiter… Ich bin froh, als mich mein Navi auf eine kleinere Strasse führt. In einem kleinen Dorf mache ich noch einen kleinen Einkauf und der richtig urchige Südtiroler-Verkäufer sagt mir, dass heute bestimmt kein Regen kommt – es sieht nur so aus. Kaum habe ich die Einkäufe verpackt, muss ich einen Unterstand suchen, damit ich nicht sofort nass werde. Dieser Verkäufer soll weiterhin verkaufen und sich nicht in andere Angelegenheiten mischen, denke ich mir. Nach 5 Minuten warten sage ich mir, dass ich wohl keine andere Wahl habe als nass zu werden. So fahre ich die engen Gässchen rauf bis auf die Hauptstrasse, welche auf den Mendelpass führt. Und schon bald darauf stoppt auch der Regen wieder – ach bin ich froh…

Der Mendelpass ist 1’362 Meter hoch und Bozen liegt auf 262 Meter über Meer. Also habe ich 1’100 Höhenmeter zu überwinden – nicht wirklich ein Nasenwasser. Vor allem wenn ich die Wand vor mir anschaue, kann ich mir fast nicht vorstellen, dass ich es bis dort rauf schaffen sollte. Aber die Steigung ist sehr angenehm, nicht zu steil und eine immer schön breite Strasse. Der Verkehr von vorhin war wohl unterwegs zum Kalterersee, welcher nicht weit entfernt als Touristenziel bekannt ist. So habe ich meistens meine Ruhe – ausser wenn ein paar Rowdies auf ihren Motorrädern den Berg rauf düsen. Doch die meisten von ihnen sind normale und ruhige Fahrer. Ich komme sehr gut vorwärts und so bin ich schon bald in der vorhin ungläubig angestarrten Felswand drin. Nun kann ich es schon wieder kaum glauben wenn ich da unten das Dorf sehe wo ich vorhin eingekauft habe. Es ist sooooo weit unter mir – ich bin richtig stolz.

Nach knapp 2 Stunden Kletterarbeit bin ich 13 Kilometer weiter und eben diese 1’100 Meter höher. Ich mache das obligate Pass-Foto, stöbere in einem Sportgeschäft rum und fahre bald darauf hinten wieder runter. Nur kurz weiter biege ich doch noch zu einem Restaurant – auf der Passhöhe habe ich widerstehen können. Aber hier sieht es nicht schlecht aus und ich setze mich in den riesigen, leeren Esssaal. Ich habe Lust auf eine Portion Spaghetti und so lasse ich mir diese mit Carbonara-Sauce zubereiten. Mmmmh, wirklich ganz frisch gemacht geniesse ich eine riesige Portion. Gestärkt und auch aufgewärmt schwinge ich mich nach ca. 1 Stunde wieder auf meinen Drahtesel und geniesse die sanfte Abfahrt. Ich fahre sicher eine gute Stunde runter in das nächste riesige Tal mit wiederum hunderttausenden von Apfelbäumen. So weit das Auge reicht, nur Apfelbäume. Zwischendrin sieht man hier und da ein Dorf, aber sonst einfach – na was wohl, Apfelbäume.

Unten im Tal biege ich wieder auf eine sehr stark befahrene Strasse welche zu allem Übel auch noch auf der anderen Talseite wieder rauf geht. Ich radle wie ein „Pickter“ rauf ins Städtchen, ich will möglichst schnell weg von dieser Strasse. Im Infobüro sehe ich, dass der nächste Campingplatz gute 20 Kilometer hinten im Val Sole liegt. Es ist schon halb fünf und ich will einfach möglichst schnell auf diesen Zeltplatz. Also düse ich wieder los und ich staune selber ab mir. Nach diesem Pass haben meine Beine weiterhin viel Saft übrig und ich fahre auch hier wie ein Rennfahrer in das Tal hinein. Die Steigung ist nur sehr gering und trotzdem geht es aufwärts. Nach nicht einmal einer Stunde Fahrzeit bin ich an meinem Ziel, einem super tollen Bergcampingplatz. Gemütlich richte ich mich hier ein, nehme eine warme Dusche und telefoniere noch mit zu Hause. Heute gibt es früh Nachtruhe, morgen wartet der nächste Pass auf mich – weitere 1’100 Höhenmeter bis auf die Passhöhe des Passo del Tonale.

Übrigens will ich mich endlich einmal bedanken bei all denen, welche mir einen Gästebucheintrag geschrieben haben. Ich freue mich immer sehr – sorry dass ich nicht auf jeden persönlich antworte – aber ihr kriegt ja meine Berichte! Weiter so und MERCI VIU MAU!!!